Montag, 7. Juli 2014

Ich brauche meine kleinen Fluchten - weg mit dem schlechten Gewissen

Immer wieder lese ich in meinen Mama-Gruppen bei Facebook: "Oh, ich habe ein schlechtes Gewissen gegenüber meinem Kind".
Ob es nun der bevorstehende Krippenstart ist, oder man sich einen babyfreien Abend gönnt, Mamas scheinen ein "Schlechtes-Gewissen-Gen" zu haben.

Ich gestehe: Ich habe eigentlich fast nie ein schlechtes Gewissen Lotte gegenüber. Warum auch? Sie ist zu 99,5% ein Sonnenschein, zufrieden und glücklich. Und das obwohl sie zur Krippe geht, ich vollzeit arbeite und mir meine kleinen Fluchten einräume.
Meine Theorie: Mama und Papa sind zufrieden, also ist es das Kind auch.

Lotte war ein geplantes Kind, zu einem Zeitpunkt in unserem Leben, wo alles stimmte. Ich stand mitten im Leben, auch beruflich war ich dort angekommen, wo ich gern sein wollte. Finanziell konnten wir endlich ein wenig größere Sprünge machen, wohnten in unserem Eigenheim und unsere zwei Hunde liebten sich innig.

Lotte-Papa arbeitet in der IT-Branche und ist seit einer gefühlten Ewigkeit in seinem Unternehmen angestellt. Bei ihm war klar: Er ist zufrieden mit seinem Job, Karriere möchte er nicht machen. Ich hingegen war mir sicher, dass ich gern auch mit Kind noch ein wenig was erreichen möchte. Somit beschlossen wir, dass wir uns die Elternzeit teilen, 7 Monate ich, 7 Monate der Papa. Ich sollte wieder in Vollzeit einsteigen, meine bessere Hälfte mit 30 Stunden. Lotte würde dann in der Krippe betreut.
Dies war der Plan, den wir zum Glück auch erfolgreich umsetzen konnten. Sobald Lotte auf der Welt war, war mir klar: Alle Pläne können mit Kind auch schnell über Bord geworfen werden, man ist dem Kind ... nennen wir es doch einfach "ausgeliefert". Somit stressten wir uns nicht, entweder Lotte mag unseren Lebensplan oder wir überlegen uns was Neues. Zum Glück mussten wir nichts über den Haufen werfen.

Lottchen wird morgens von mir in die Krippe gebracht und um 14 uhr vom Papa abgeholt. Ich bin meist gegen 18 Uhr Zuhause ( meine Arbeitszeiten schwanken total, manchmal auch erst gegen 20 Uhr, dann nehme ich mir aber auch das Recht heraus mal um 16 Uhr Feierabend zu machen).

Auf der Arbeit bin ich voll beschäftigt, Gedanken an Zuhause muss ich mir nicht machen. Okay, nachmittags bekommt dann Lotte-Papa ein Nachricht, dass ich ein Foto von unserem Muckel brauche. Hoch lebe das Internet und das Smartphone!
Ich weiß Lotte in tollen Händen, sie liebt die Erzieherinnen in der Krippe und die anderen Krippenkinder ebenso. Beweis ist dafür, dass ich sobald sie im Krippenraum ist abgeschrieben bin und wenn Lotte-Papa sie abholt, sie ab und an in Tränen ausbricht, weil sie noch nicht mit nach Hause möchte...

Lotte und ihr Papa sind ein Dream-Team. Nach der Krippe geht es mit den Hunden raus, es wird ein Snack gegessen, gekuschelt und ein Nickerchen gemacht. Natürlich kommt das Spielen auch nicht zu kurz.

Wenn ich dann abends dazu stosse, verwandle ich mich von der taffen Business-Lady zu einer Vollblut-Mama. Lotte schmeißt sich mir in die Arme (okay, ab und an werde ich auch ignoriert ;) und dann geht es auf die Couch: KUSCHELN und stillen. Ich genieße das Runterkommen und Lotte genießt die Nähe.



Wir beide warten dann bis das Essen fertig ist und dann geht es gemeinsam an den Esstisch. Nebenbei "spiele"  ich immer noch mit dem Handy, Instagram und Facebook checken.

Nachts schläft Lotte neben mir, ich liebe es sie in meinem Arm zu halten, ihr heimlich Küsse zu geben während sie schläft.


Unter der Woche ist es schwer, dass ich dann auch einmal Zeit für mich finde. Dankbar bin ich meist schon, dass ich alleine auf die Toilette darf ;)
Wenn mein Mann merkt, dass ich zu gestresst bin, dann schnappt er sich das Lottchen und die Beiden baden. Zu süß ist es dannVater und Tochter beim Plantschen zu lauschen... Auch genieße ich das Spazierengehen mit den Hunden, einfach durchatmen ...


Aber viel zu schnell vergeht die Zeit.

Umso wichtiger sind die Wochenenden. Ich liebe es zu bummeln... Da kann ich perfekt abschalten. Lotte macht das super mit, auch ist sie von unserem Sushi-Essen angetan.


Somit stellt es kein Problem dar, wenn wir alle zusammen gehen.
Doch dann gibt es die Tage, wo ich gern für mich Klamotten kaufen möchte oder sonstigen Schnick-Schnack... Der Mann an meiner Seite kennt mich, weiß wie gern ich dann mit weiblicher Unterstützung in eine weitere entfernte Shopping-Stätte gehe, mir bei Starbucks einen Kaffee gönne.


Das ist eine meiner kleinen geliebten Fluchten. Ein Kurzurlaub. Mich vom Stress erholen, Akkus wieder aufladen, die Zufriedenheit herstellen.

Oder dass ich mich sonntags vielleicht auch an die Nähmaschine setze ... Der Herr Papa kümmert sich ums Kind.

Die größte kleine Flucht: Ich habe bedingt durch unsere Putzfrau die Hausarbeit halbieren können. Ungeliebte Tätigkeiten áde ... Und nein, das ist kein purer Luxus. Ich rauche nicht, gehe am Wochenende nicht feiern, kaufe mir keine High-End-Kosmetik, dafür gönne ich mir einfach diese Freiheit.

Wenn ich all das nicht hätte, wäre ich nicht so glücklich und zufrieden. Unser Modell funktioniert ... für UNS!

Vielleicht fragt ihr euch was der Lotte-Papa für Fluchten hat. Er liebt es zu kochen, sehr praktisch für UNS. Aber er ist auch ein Technik-Freak und so darf er sich dann ab und an neues "Spielzeug" kaufen und basteln ;)

Kinderfreie Tage hatten wir bisher nicht, dazu genießen wir es zu Fünft einfach zu sehr. Lottchen abzugeben für eine Stunde bekommen wir gerade noch so hin ;) Noch früh genug wird unsere Tochter selbstständig sein  und ihre Zeit ohne die uncoolen Eltern verbringen wollen, also genießen wir es jetzt so intensiv wie möglich.

Wann ich ein schlechtes Gewissen habe? Wenn ich übel gelaunt und gestress bin, das tut mir immer sehr leid. Verhindern kann ich den Stress natürlich nicht, aber ich kann lernen mit dem Stress umzugehen und diesem wenigstens dann Zuhause zu entfliehen.
Wichtig für mich ist auch: Ich nehme keine Arbeit mit nach Hause, auch psychisch nicht. Klar hängt einem ein doofes Meeting ab und an  noch hinterher, doch auch das habe ich gelernt zu verdrängen. Es ändert ja nichts, wenn ich mich im Nachhinein damit beschäftige.

Ich weiß, dass ich mich glücklich schätzen darf, dass es bei UNS so rund läuft. Aber dafür musste ich auch "kämpfen", manche schimpfen es egoistisch, doch es ist ja mein Leben in dem ich glücklich sein muss. Und am glücklichsten bin ich, wenn es meiner kleinen Familie gut geht und ihnen geht es ebenso mit mir ;)

Also: Weg mit dem schlechten Gewissen - gönnt euch eure Auszeit!

P.S. Die Bilder sind von meinem Instagram Account. Dieser ist allerdings nicht öffentlich.

10 Kommentare:

  1. Ich finde, das hast du ganz toll geschrieben. Schön, dass euer Modell so gut funktioniert. Das freut mich sehr für euch. Alles Liebe, Sandra

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  2. Ganz toll geschrieben und einen riesen Hut ab an den Papa, dass er das alles so toll gewuppt bekommt, ich finde ja, dass die tollen Männer oftmals viel zu wenig Anerkennung für ihren Papajob, von der Aussenwelt bekommen. Du hast so einen tollen Exemplar. :)

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  3. Du hast das so wundervoll geschrieben, als wären es meine Gedanken und das Leben das ich bald leben möchte (nur das ich dank meines baldigen Berufes Halbtags arbeiten werde)- ich muss zugeben ist hatte etwas Tränen in den Augen- nein habe ich noch :)
    Wundervoll :)
    Ich liebe EUREN Blog

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  4. ich hoffe wirklich, dass wir irgendwann als gesellschaft soweit sind, dass niemand mehr ein lebensmodell verurteilt. denn ein schlechtes gewissen haben wir doch eigentlich nur, weil irgendein einfluss von außen kam. meine freundin wurde neulich von der kita erzieherin mehr oder weniger verurteilt, weil der kleine mann so lange in der kita ist. sie war am boden zerstört. mir zerriss es auch das herz, denn sie ist eine tolle mama und der kleine ist ein lieber kleiner kerl, der seine mama über alles liebt.
    ich finde es so toll von dir zu lesen, dass ihr das so super umsetzen können. danke für diesen post! (mir macht er meine zukunft schon ein wenig leichter ;-))

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    1. Und sowas kam von einer Erzieherin? Wie schrecklich! Ich kann nur mit dem Kopf schütteln.

      Als Mama lernt man, dass die Meinung der Anderen recht unwichtig ist. Man sollte seinem Bauchgefühl vertrauen...

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  5. Schöne Worte hast du da gewählt. Auch, wenn ich selbst womöglich keine Kinder haben werde, tut es gut zu hören, dass das Leben nicht nur 24/7 vom Nachwuchs abhängt, sondern man auch mal Zeit für sich haben darf... :)

    Danke übrigens, dass Du das hier so mit uns teilst!

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    1. Vor drei Jahren dachte ich auch noch, dass ich keine Kinder haben möchte ;)

      Und gern geschehen!

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